Da die AfD-Fraktion sich nicht als „nicht demokratisch“ verunglimpfen lassen möchte, hat der Fraktionsvorsitzende der AfD-Ratsfraktion Dr. Renatus Rieger am 18. Mai 2022 die folgende Erklärung auf der Ratssitzung der Stadt Moers abgegeben:

„Sehr geehrter Frau Stellvertretende Bürgermeisterin, sehr geehrte Damen und Herren

Bitte erlauben Sie mir, zu Ihrem  gemeinsamen Beschluss Stellung zu nehmen.

Wir akzeptieren, dass es einen Wahlvorschlag gibt, an dem die AfD-Fraktion nicht beteiligt wurde. Wir akzeptieren auch, wenn Sie mehrheitlich zu einer Entscheidung kommen, die die AfD benachteiligt. Den Wahlvorschlag jedoch als den gemeinsamen Wahlvorschlag der „demokratischen Fraktionen“ im Rat der Stadt Moers zu bezeichnen  und damit die AfD-Fraktion als „nicht demokratisch“ zu verunglimpfen, empfinden wir als beleidigend.

Ist das der allgemeine Mangel an politischen und historischen Kenntnissen? Oder ist das einfach nur böswillig?

Jede ihrer Parteien hat in ihrer Geschichte erlebt, wie sich die politische Konkurrenz und die etablierten staatlichen Institutionen gegen ihre Anfänge wehrten. Einige hatten echte Undemokraten in ihren Reihen. Einige werden oder wurden bis vor nicht so langer Zeit vom Verfassungsschutz überwacht.

Aufgrund meiner Redezeitbegrenzung möchte ich Ihnen eine schriftliche Stellungnahme nachreichen, in der ich jede ihrer Parteien kurz bedacht habe. Da das böse Wort von den „demokratischen Fraktionen“ ursprünglich jedoch von der SPD stammt, möchte ich mich in meinem Wortbeitrag auf die SPD beschränken.

Die Erfahrung, wie es einer neuen Partei ergehen kann und wie sie benachteiligt werden kann, liegt bei der SPD etwas länger zurück. Die SPD wurde bis zum Ende der Sozialistengesetze bis 1890 verfolgt. Sie duldete damals in ihren Reihen allerdings auch solche, die eine revolutionäre und keine demokratische Veränderung wünschten.

Nach dem II. Weltkrieg duldete die SPD in ihren Reihen ehemalige Nazis. Sozialdemokraten und Jusos wurden wiederholt durch die verschiedenen Verfassungsschütze beobachtet – vor nicht langer Zeit sogar ein SPD-Landesvorsitzender.

Nun nach Moers.

Bekannterweise propagierte Karl Marx die „Diktatur des Proletariats“ und hatte – vorsichtig ausgedrückt – ein recht ambivalentes Verhältnis zur Demokratie.

Von welchem Demokratieverständnis zeugt es dann, wenn ein Ausschussvorsitzender der SPD in Moers mit einem schwarzen T-Shirt mit rotem Karl Marx die Ausschutzsitzung leitet?

Diese Frage sollten Sie  beantworten können.“